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Infos, Tipps und Austausch zu Leben und Urlaub auf Madeira

 


Flechten auf Madeira
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26.12.12 20:13
udalriche

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

Velvet:
udalriche:
Da Velvet hier jüngst Lobaria laetevirens angsprochen hat, füge ich ein Bild einer sehr ähnlichen Art (Lobaria sublaevis) bei.

Hallo Ulrich,

wenn ich mich recht erinnere, hatte ich hier L. sublaevis und nicht L. laetevirens angesprochen. Der letztere Name ist jetzt auch etwas verwirrend, da er im Weiteren von dir nicht mehr erwähnt wird und anscheinend ein Synonym zu L. virens darstellt... ??

Was mich aber noch interessieren würde, gibt es irgendwelche leicht erkennbare Merkmale wie man diese L. sublaevis von einer Parmelia unterscheiden kann, ohne auf der Unterseite nach irgendeinem Filz suchen zu müssen? Aber vermutlich wird es doch wieder auf eine Handlupe hinaus laufen. Weiß nicht warum, aber irgendwie stehe ich mit diesen Dingern auf dem Kriegsfuß...

Gruß
Velvet


Hallo Velvet,
tut mir leid; Du hattest tatsächlich L. sublaevis genannt. Dann siehst Du also bei den beiden von mir eingestellten Bildern genau jene Art, mit der Du Deine Sticta canariensis verwechselt hattest. Die nahe verwandte L. virens hieß früher L. laetevirens (Flechten verändern leider sehr häufig ihren Namen; v.a. jetzt, wo es genetische Untersuchungsmethoden gibt. Das ist aber vermutlich bei höheren Pflanzen nicht anders). Lobaria sublaevis unterscheidet sich von ihr dadurch, dass bei ihr das weißliche Mark mit Natriumhypochlorit rot reagiert; dies ist bei L. virens nicht der Fall.
Die Lobarien ähneln übrigens in der Tat manchen großen Arten aus der (früheren) Gattung Parmelia. Dennoch erreichen sie in aller Regel nicht die Durchmesser der Lobarien-Lager. Um sicher zu gehen, sollte man auf jeden Fall immer eine mindestens 10fach vergrößernde Lupe dabei haben (im Lorbeerwald möglichst noch mit Beleuchtung), damit man die bestimmungsrelevanten Merkmale erkennen kann. Die Sache mit dem Tomentum (Filz) auf der Unterseite hast Du schon ganz richtig angesprochen: Parmelien haben so etwas nicht.
(Ich frage noch einmal, woher Du Dein diesbezügliches Wissen hast; so etwas steht schließlich nur in Flechtenbestimmungsschlüsseln ... und bei denen sieht es für Madeira ziemlich gefroren aus).
mfg Ulrich

26.12.12 20:58
udalriche

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

Weil heute noch Feiertag ist, will ich schnell noch eine weitere, große, häufig zu findende und auffällige Flechte aus der Gattung Parmotrema (früher Parmelia) vorstellen. Es handelt sich um Parmotrema perlatum. Die Parmotremen sind Blattflechten, die sich durch bis über 1 cm breite, an den Rändern aufsteigende Lappen auszeichnen. An den Rändern finden sich häufig (wenn auch manchmal nur vereinzelt) randliche schwarze Wimpern/Cilien. Im Fall von P. perlatum gibt es an den aufsteigenden Lappenenden kopfige bzw. auch bortenartige Sorale (das sind Aufbrüche der Rinde, die aus dem Inneren der Flechte mikroskopisch kleine Algenpakete entlassen, die von Pilzfäden umhüllt sind. Sie werden von Wind/Wasser verbreitet, fallen zu Boden und wachsen an geeigneter Stelle zu neuen Flechtenexemplaren heran --> ungeschlechtliche Vermehrung). Unter der Lupe sehen die Sorale wie Streuseln vom Streuselkuchen aus. Von den Lobarien durch die aufsteigenden Lappen und den fehlenden Filz auf der Lappenunterseite zu unterscheiden.
Die Aufnahme stammt von Lorbeerbäumen im "Park" von Chao dos Louros (nördlich der Encumeada).



mfg Ulrich

Datei-Anhänge
Parmotrema perlatum-Chao dos Louros 8.05 Laurus.JPG Parmotrema perlatum-Chao dos Louros 8.05 Laurus.JPG (734x)

Mime-Type: image/jpeg, 356 kB

28.12.12 19:04
Velvet

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

udalriche:
Ich frage noch einmal, woher Du Dein diesbezügliches Wissen hast; so etwas steht schließlich nur in Flechtenbestimmungsschlüsseln ... und bei denen sieht es für Madeira ziemlich gefroren aus.
mfg Ulrich

Hallo Ulrich,

also wenn du so fragst...
das sind eigentlich eher Altlasten aus der Zeit des Studiums und ein paar Jahren danach. Da war ich eine Zeit lang recht aktiv und gelegentlich auch in Hessen unterwegs

Gruß
Velvet

28.12.12 20:32
udalriche

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

Wer sich auf der Ponta de Sao Lourenco in der Nähe der Casa Sardinha zum Ausruhen auf den großen Basaltblöcken niederlässt (und ein gutes Auge - oder eine Lupe - dabei hat), kann auf dem schwarzen Gestein eine Vielfalt von Krustenflechten entdecken. Am auffälligsten sind winzige, grünlichgelbe Areolen mit kleinen schwarzen Punkten darauf. Wenn man bis dorthin eine riesenschwere Makrausrüstung geschleppt hat, kann man diese Miniflechten ganz groß herausbringen. Da mir das Schleppen zu mühselig war, habe ich ein Stück Gestein mit Hammer und Meißel abgeklopft (mit Erlaubnis der damaligen Nationalpark-Vorsitzenden selbstverständlich) und zu Hause fotografiert. (Natürlich habe ich es danach auch nicht weggeworfen, sondern meinem Herbarium einverleibt). Der ins Bild eingefügte Maßstab zeigt, wie winzig diese Acarospora lavicola in der Realität ist.
Man kann sie auf der Insel überall auf küstennahem Vulkangestein entdecken (nicht auf Kalk).
Die zweite Kruste mit den schwarzen, schüsselförmigen Fruchtkörpern (Apothecien) habe ich noch nicht bestimmt.

mfg Ulrich



Zuletzt bearbeitet am 28.12.12 20:36

Datei-Anhänge
Kruste+Acarospora lavicola-213 MP-E+3Tub  2,1zu1  f 5,6  ISO100  1-5sec  A  31 Bilder.jpg Kruste+Acarospora lavicola-213 MP-E+3Tub 2,1zu1 f 5,6 ISO100 1-5sec A 31 Bilder.jpg (761x)

Mime-Type: image/jpeg, 729 kB

28.12.12 21:04
Velvet

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

Hallo Ulrich,

ein gutes Auge reicht dafür glaube ich nicht aus. Da braucht man schon eher eine "Flechtenblick"...
Bin gerade übrigens immer noch mit den Sommerwurzen beschäftigt. Hoffe mal dass da nichts auf der anderen Kruste parasitiert.

Gruß
Velvet

28.12.12 22:05
udalriche

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

Parasit ... das könnte gut möglich sein.
mfg Ulrich

02.01.13 16:42
udalriche

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

Nachdem das letzte Bild winzig kleine Flechten gezeigt hatte, kehre ich nun wieder zu großen, auffälligen Strauchflechten aus der Gattung Roccella zurück. Diese Flechten wachsen an steilen, meist sogar überhängenden, Felsen im Bereich des Einflusses der Meeres-Salzgischt (also bis ca. 400 m ü. NN; mein höchster Fund aus dieser Gattung stammt vom Plateau des Pena de Aguia). Die Roccellen wurden bereits in der Antike gesammelt, weil man daraus wunderbare Textilfarben herstellen kann. (Der antike Botaniker Theophrastus schreibt, dass "der Farbstoff schöner sei als der der Purpurschnecke"). Die Herstellung ist ein wenig unappetitlich, weil dazu Urin verwendet wird; dennoch war das Sammeln ein lukratives Geschäft; die Flechten wurden mit Gold aufgewogen. Wegen der Unzugänglichkeit der Wuchsorte verlor mancher Sammler beim Ernten sein Leben. Wenn man sich ein wenig an steilen Felsen auf der Ponta de Sao Lourenco umschaut, kann man sie überall entdecken - zusammen mit den grau- bis gelbgrünen Vertretern der Gattung Ramalina.
mfg Ulrich





Datei-Anhänge
Roccella canariensis f6,3  t1-100 ISO400 50mm.jpg Roccella canariensis f6,3 t1-100 ISO400 50mm.jpg (823x)

Mime-Type: image/jpeg, 640 kB

Roccella tuberculata.jpg Roccella tuberculata.jpg (718x)

Mime-Type: image/jpeg, 689 kB

Ramalina bourgeana.JPG Ramalina bourgeana.JPG (733x)

Mime-Type: image/jpeg, 628 kB

02.01.13 17:00
iris 

Administrator

Re: Flechten auf Madeira

Hallo Flechtenkönig

Das ist ja spannend!
Ergeben alle Arten denselben Farbton?
Hast du schon mal selbst experimentiert (oder auch nur Anschauungsmaterial)?

Oder stehen diese Arten mittlerweile unter Naturschutz?

wieder mal interessiert am "Wisse von de Annere"
iris

02.01.13 19:49
udalriche

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

iris:
Hallo Flechtenkönig

Das ist ja spannend!
Ergeben alle Arten denselben Farbton?
Hast du schon mal selbst experimentiert (oder auch nur Anschauungsmaterial)?

Oder stehen diese Arten mittlerweile unter Naturschutz?

wieder mal interessiert am "Wisse von de Annere"
iris


In der Antike wurden die mit Flechten gefärbten Textilien anschließend noch mit dem Extrakt der Purpuschnecke verfeinert; also Farbe Purpur.
Ein Freund hat vor Jahren einmal diesbezügliche Versuche mit meinen Roccellen gemacht (alledings ohne Urin, sondern mit künstlichem Ammoniak). Die Wolle hatte Farben von rötlich bis bräunlich bis orange - je nach gewählter Roccella-Art bzw. nach Einwirkungszeit. Es waren warme und gedeckte Farbtöne.
Angeblich wird noch heute Harries Tweed in Schottland mit Roccella-Farbstoffen gefärbt.
In Skandinavien wurden andere Flechtenarten zum Färben benutzt (Braun- und Gelbtöne) und auch in Deutscland gibt es Krustenflechten, die zum Färben verwendet werden können.
Da die Lichenen aber extrem langsam wachsen (und es heute synthetische Farbstoffe gibt), werden Flechten glücklicherweise kaum noch zum Färben gesammelt. Man weiß, dass sie in der Antike - und dann noch einmal in der Boom-Zeit im 14./15. Jahrhundert - durch Abernten so weit zurückgegangen waren, dass das Sammeln sich nicht mehr lohnte.
Heute spielen sie allerdings bei der Herstellung von Lackmus (Säure-/Basenindikator) noch eine gewisse Rolle.
So weit ich weiß, gibt es auf Madeira kein explizites Sammelverbot (außer natürlich in den Naturschutzgebieten/Nationalpark). Es sollten aber jedenfalls nirgendwo Exemplare gedankenlos abgerissen werden: Manche Flechten wachsen nur wenige mm/Jahr; d.h. erwachsene Exemplare können etliche Jahrzehnte alt sein (manche Krustenflechten sind mehrere Tausend Jahre alt).
Statt zu sammeln, kann man heute mit moderner Kameratechnik die meisten Organismen zerstörungsfrei dokumentieren; bei Flechten geht das besonders gut, weil sie in der Regel dem Substrat eng anliegen und somit nicht so leicht verwackeln.
mfg Ulrich

04.01.13 16:06
udalriche

nicht registriert

Re: Flechten auf Madeira

Küstennah (liebt sonnig-warme Verhältnisse) findet sich auf Basaltblöcken auch noch die Gold-Gelbflechte (Xanthoria aureola).



Man kann sie leicht mit der nahe verwandten Wand-Gelbflechte (Xanthoria parietina) verwechseln.



Letztere ist ein Ubiquitist (kommt weltweit vor) und sehr commun. Auch in Mitteleuropa findet man sie inzwischen an fast jedem Baum und auch auf kalkhaltigem Kunststein. Die Gold-Gelbflechte lässt sich von ihr durch das (fast regelmäßige) Fehlen von schüsselförmigen Apothecien ("Fruchtkörpern") unterscheiden (letztere hat fast immer Fruchtkörper, siehe Bild). Außerdem sind die Lappen bei der Gold-Gelbflechte länger (linealischer) und die Farbe geht bis ins Braunorange. So dunkel wird die Wand-Gelbflechte nicht.
Das Bild wurde auf der Ponta de Sao Lourenco aufgenommen.

Zuletzt bearbeitet am 04.01.13 18:08

Datei-Anhänge
-Xanthoria ectaneoides (X. aureola)-6333.jpg -Xanthoria ectaneoides (X. aureola)-6333.jpg (736x)

Mime-Type: image/jpeg, 796 kB

-Xanthoria parietina-091002 Tamron  f4  1-40  ISO100  18 Bilder.jpg -Xanthoria parietina-091002 Tamron f4 1-40 ISO100 18 Bilder.jpg (731x)

Mime-Type: image/jpeg, 386 kB

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